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SPIEGEL ONLINE - 25. Januar 2005, 10:18
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,338441,00.html

Firefox-Entwickler Blake Ross
 
Auf der Suche nach dem Gral

Der 19-jährige Blake Ross gilt als eine der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung des Alternativ-Browsers Firefox. Er steht für eine neue Generation von IT-Cracks: Statt an der Börse Geld zu machen, tobt er sich kreativ aus: "Ich will einfach nur einen guten Browser machen."

Blake Ross: Einer der führenden Köpfe hinter Firefox
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Blake Ross: Einer der führenden Köpfe hinter Firefox
Als er 19 Jahre alt war, gründete Bill Gates zusammen mit Paul Allen Microsoft und begann eine Karriere, die ihn zu einem der reichsten Männer der Welt gemacht hat. Die IT-Helden von heute sind anders gestrickt. "Darum kümmere ich mich wirklich nicht", sagt Blake Ross. "Ich will einfach nur einen guten Browser machen."

Seit der Freigabe Ende vergangenen Jahres ist der als Open-Source-Software kostenlos erhältliche "Feuerfuchs" (eigentlich ist ein "Firefox" ein sogenannter Kleiner Panda oder Katzenbär) mehr als 20 Millionen Mal heruntergeladen worden. Der Browser wird allenthalben wegen seiner hohen Geschwindigkeit und seiner einfachen Bedienung gelobt. Viele der neuen Nutzer sind ganz umgestiegen und verwenden den Internet Explorer (IE) von Microsoft nur noch gelegentlich.

Mehr als der unerwartete Erfolg beschäftigt den Studenten der Computerwissenschaften im zweiten Studienjahr an der Stanford University aber seine nächste Prüfung und die Weiterentwicklung des Programms. "Programmieren hat etwas von einem Rausch an sich, das schwer zu erklären ist", sagt Ross in seinem Zimmer in der elterlichen Wohnung in Key Biscane. "Es ist diese Suche nach dem Gral, die mich vorantreibt."

Die ersten Schritte für das Programmieren lernte Ross mit zehn Jahren. Nach der Gestaltung eigener Web-Seiten kaufte er sich Bücher über Programmiersprachen wie C++ und begann auf eigene Faust zu lernen. Als er 14 war, begann er damit, am häuslichen PC Programmfehler im Netscape-Browser zu bereinigen. Ein paar Monate später überraschte er seine Eltern mit der Erklärung, dass er ein Job-Angebot bekommen habe. "Im Geschäft um die Ecke?" fragte damals sein Vater David Ross. Aber die Anfrage kam von Netscape, die das "Bug-Fixing" des Teenagers von seinen Programmierfähigkeiten überzeugt hatte.

Früh entdecktes Wiz-Kid

So mieteten seine Eltern für die Sommerferien eine Wohnung in der Nähe der Netscape-Zentrale im Silicon Valley, und seine Mutter fuhr ihn jeden Tag zur Arbeit. Wieder zurück in Florida arbeitete Blake daheim an Aufträgen von Netscape. An der Gulliver Preparatory School stürmte er durch die Informatik-Klassen und erledigte Aufgaben an einem Tag, für die andere zwei Wochen brauchten, wie sich einer seiner Lehrer erinnert. "Er war kein bisschen arrogant", sagt der für Computerwissenschaften zuständige Fachbereichsleiter Dean Morell. "Es hat ihm Spaß gemacht, den anderen zu helfen."

Nach der Übernahme von Netscape durch AOL im Jahr 1999 begann für Ross eine neue Herausforderung. Damals hatten bereits Millionen von Internet-Nutzern den Netscape-Browser durch den Internet Explorer von Microsoft ersetzt - dieser war schon in Windows integriert und konnte viele Web-Seiten schneller darstellen. Der "Browser-Krieg" war verloren.

Zwar versuchte AOL, den Netscape-Browser mit allerlei Erweiterungen attraktiver zu machen. Aber das Programm wurde dadurch immer schwerfälliger. "Wir spürten damals den Einfluss von AOL, und die Sache verlor ihren Reiz", erinnert sich Ross. Zusammen mit einem anderen Netscape-Programmierer, David Hyatt, startete er ein neues Projekt. Sie wollten Netscape auf seine Wurzeln zurückführen, den Browser schneller machen und die Anforderungen an Arbeitsspeicher und Prozessor reduzieren.

Star ohne Allüren

Im Juli 2003 beschlossen AOL und Netscape, sich von ihrem Browser-Projekt zu trennen. Ross und Hyatt führten ihr Projekt unter dem Namen Mozilla weiter und sprangen auf den Open-Source-Zug auf: Der Programmcode wird für alle offen gelegt, so dass jeder daran mitarbeiten kann. Der überarbeitete Code muss wiederum allen anderen frei zur Verfügung gestellt werden.

Der technische Direktor von Mozilla, Chris Hofmann, erinnert sich, dass ältere Programmierer von Blakes Fähigkeiten beeindruckt waren, intelligenten Code zu schreiben. Viele von ihnen hatten zunächst nur online Kontakt zu Ross und waren dann überrascht, bei der ersten Begegnung "ein schlaksiges 15-jähriges Kind" vor sich zu haben. Hyatt trennte sich schließlich vom Mozilla-Projekt, um den Apple-Browser Safari mitzuentwickeln. Aber andere Freiwillige stießen dazu, brachten ihre Ideen für den Code ein und sorgten dafür, dass am 9. November die Version 1.0 von Firefox vorgestellt werden konnte. Mit Hilfe von Spenden aus aller Welt, darunter auch vieler engagierter Unterstützer in Deutschland, wurden Zeitungsanzeigen geschaltet, um den neuen Browser bekannt zu machen. Mehrere Sicherheitsexperten haben den Firefox empfohlen, weil er offenbar weniger anfällig für Viren, Spyware und andere Schadprogramme ist. Zwar ist zu erwarten, dass es bei wachsender Verbreitung auch Versuche geben wird, Schwachstellen von Firefox aufzudecken und für Attacken auszunutzen. Aber Ross und die Open-Source-Community arbeiten bereits an der Version 2.0.

Nach Erhebungen des Browser-Fachdienstes WebSideStory wurde der Firefox Anfang Januar von 4,6 Prozent aller Internet-Nutzer eingesetzt. Bis Mitte des Jahres wird ein Anstieg auf rund zehn Prozent für möglich gehalten. Der Marktanteil des Internet Explorers ist bereits von 95,5 Prozent im Juni 2004 auf 90,6 Prozent zurückgegangen. In Deutschland dürften diese Zahlen jedoch krass anders aussehen: Die Log-Statistiken von SPIEGEL ONLINE (beruhend auf über 200 Millionen Seitenaufrufen im Monat) sehen die Mozilla-Browser inzwischen bei rund 27 Prozent Marktanteil, der Internet Explorer ist derweil auf knapp 65 Prozent abgesackt.

Ross hat nach eigenen Angaben noch keinen Dollar aus der Firefox-Arbeit eingenommen. Erste Einkünfte erhält das Projekt aber bereits durch die Integration entsprechender Eingabeformulare von Google, Amazon.com und anderen. Und Ross hat auch ein eigenes Startup-Unternehmen gegründet, zusammen mit Joe Hewitt, ebenfalls ein Veteran noch aus Netscape-Zeiten.

Der Erfolg hat allerdings auch Nachteile. "Alle meine Professoren erwarten glatte A-Noten von mir, selbst in Fächern, die nichts mit dem Internet zu tun haben." Und wie sieht es mit den kalifornischen Mädchen aus? "Das sind die, die am wenigsten beeindruckt sind", sagt der Firefox-Entwickler lachend.

John Pain, AP
 

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